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Samstag, 11. Februar 2017

Auf hoher See und vor Gericht

…. und dann wäre da noch das Parlament



Ein guter Freund und Anwalt hat mir vor einigen Jahren im Zuge der Berichterstattung über einen Prozess ins Ohr geflüstert: „Keine Ahnung, wie das ausgeht – auf hoher See und vor Gericht ist alles möglich....“

Und das ist wahrscheinlich die einzige Konstante, wenn es um Gerichtsverhandlungen geht: dass eben alles möglich ist. Alles andere sind mehr oder weniger glaubhafte Wahrscheinlichkeiten, auf die man sich einstellen kann.
Das schreibe ich heute, weil in den letzten Tagen eine Vielzahl von Anfragen zur noch ausstehenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bei uns aufgeschlagen sind.
Wird der VfGH das tatsächlich sehr umstrittene Tabakgesetz kippen? Wenn ja: zur Gänze oder nur zum Teil?
Oder bestätigt der VfGH gar die Umsetzung der TPD2 so, wie sie ist?
Mit all ihren Rechtsunsicherheiten?

Kurz gesagt: wir wissen es nicht. Die Entscheidung treffen die Richterinnen und Richter des VfGH für sich und nicht in aller Öffentlichkeit.

Und das ist die einzige richtige Auskunft zu diesem Thema, die auch Bestand hat.

In der Erwartung, was kommen könnte hingegen, da können wir uns weit rauslehnen und einmal klar feststellen: das vorliegende Gesetz beinhaltet eine Menge an Rechtsunsicherheiten.
Zum Beispiel wäre da die Sache mit der Anmeldung.

Während der Gesetzestext gerade in diesem Punkt unmissverständlich bestimmt, dass die Meldungen an das Bundesministerium für Gesundheit ergehen müssen fällt, derselbe Text dann schon wieder im nächsten Absatz durch eine erhebliche Unsicherheit auf, weil weder ausformuliert ist, an wen tatsächlich in welchem Umfang und in welcher Form gemeldet werden muss – und welche Auswirkungen das dann hat.

Also wurde das Ministerium bereits im Oktober 2016 dazu sehr präzise angeschrieben und um Stellungnahme ersucht.
Mit dem Ergebnis, dass schlicht keine Antwort gekommen ist.
Dann wurde urgiert und nachgehakt – mit demselben Ergebnis: keine Antwort.

Vor wenigen Wochen dann eine erste „Reaktion“ – wenn auch nicht direkt auf die Anfrage um präzise Auskunft – des Bundesministerium für Gesundheit:
Man soll doch bitte über CEG melden.....
Was ist CEG?

Bei der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH) findet man dann fast eine Entschuldigung, dass man sich noch in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium befindet und man solle doch folgendes tun:

Registrierung Ihrer Produkte im EU-CEG

Auf der Webseite des EU-CEG (http://ec.europa.eu/health/euceg/) finden VertreterInnen betroffener Unternehmen alle Informationen zur Registrierung.
Die Kommission empfiehlt Unternehmen, die URL des EU-CEG (http://ec.europa.eu/health/euceg/) an relevante Stakeholder weiterzugeben, um einen funktionierenden Informationsfluss zu garantieren und einen reibungslosen Anmeldeprozess zu ermöglichen.
Die Kommission bedankt sich für Ihr Verständnis und versichert Ihnen, dass der größtmögliche Aufwand zum Schutz Ihrer Daten im EU-CEG gewährleistet ist. Herzlichen Dank für Ihre Kooperationsbereitschaft, die Kommission wird Sie auf dem Laufenden halten.

Aha.
Also was jetzt? Das Gesetz sagt: melden im Gesundheitsministerium – das Gesundheitsministerium sagt: melden im CEG und die einzige Auskunft dazu aus offizieller Stelle (AGES) ist, dass man dann eben in Brüssel melden soll …..

Da diese „Reaktion“ des Gesundheitsministeriums nur in einem Mail an einen betroffenen Händler steht und eigentlich nicht mehr ist, als ein Ausdruck von „ich weiß, dass ich nichts weiß“, halte ich den Wert dieser Wortspende des Ministeriums für mehr als nur vernachlässigbar.

Die Rechtsmeinung zu diesem Paradebeispiel von „denn sie wissen nicht was sie tun“ geht hier auseinander. Die einem meinen: meldet einfach irgendwas irgendwohin – Hauptsache gemeldet und die anderen sind der Auffassung, dass es schlicht nicht möglich ist, gesetzeskonform zu melden.
Entscheiden wird das alles wahrscheinlich wieder ein Gericht und dort ist – wie eingangs schon erwähnt – alles möglich.

Das Einzige was tatsächlich gewiss ist, ist, dass dieses „Gesetz“ ein Flickwerk unzusammenhängender, in sich widersprechender Worthülsen rund um Annahmen konstruiert ist, die schon seit Jahren überholt und zu einem großen Teil sogar völlig widerlegt sind.
Der immer wieder heraufbeschworene Gateway-Effekt bei Jugendlichen wird genauso wenig Stand halten, wie die „Annahme“, dass E-Zigaretten Krebs verursachen: die erst vor wenigen Tagen publizierte und aufsehenerregende Studie des britischen Krebsforschungszentrums führt nicht nur einen großen Teil der Begründungen für den vorliegenden Gesetzestext ad absurdum, sondern entlarvt auch die bisherigen Begründungen contra E-Zigarette als reinen Populismus der übelsten Sorte.
Da es aber ein Gesetz ist und auch gerade vor dem VfGH bekämpft wird, wird sich dieses Ungemach für die Betroffenen nicht einfach in Luft auslösen, sondern für ordentlich Wirbel sorgen.

Ministerin Oberhauser im Parlament beim Beschluss zur Umsetzung der TPD2 in nationales Recht



VFFED Präsident Baburek beobachtet die Abstimmung im Parlament zur Umsetzung der TDP2-Richtlinie




Wie verhält es sich politisch im Parlament?

Auch dort herrscht zu einem großen Teil unter den Abgeordneten und auch unter den Sachreferentinnen und Sachreferenten völlige Unkenntnis zu dem Thema Tabakgesetz neu vor.
Viele wissen, dass es ums Geld geht (Steuern), einige glauben zu wissen, dass es auch um Jugendschutz geht und wenige nur haben sich tatsächlich informiert.

Nehmen wir die jüngste Verordnung des Gesundheitsministerium einmal als Beispiel her:
Da wird – nachdem sich das Ministerium durch das Tabakgesetz Neu eine Verordnungsermächtigung verpassen hat lassen – einmal so nebenbei und gegen den Widerstand der Kammern, aller Betroffenen und sonstigen involvierten Sachverständigen eine Gebühr in Höhe von 0,4 Cent pro angefangener 10ml Liquid verordnet. Und das gleich auch mal rückwirkend für das letzte Jahr.
Völlig unklar, wofür und warum diese Gebühr erlassen worden ist, wurde dazu im Parlament eine Anfrage eingebracht.

Hier der Anfragetext:

„.........an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend Gebühren für die Überwachung und Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse sowie verwandter Erzeugnisse (TabGebVO)

Aufgrund der §§ 9 Abs. 9 und 10a Abs. 7 Z 1 des Bundesgesetzes über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (TNRSG), wird nun eine neue Verordnung, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen sowie dem Finanzministerium, diskutiert, welche die Festlegung einer kostendeckenden Jahresgebühr für die Überwachung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und von kostendeckenden Gebühren für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse – TabGebVO – zum Inhalt hat.

Der Entwurf sieht Regelungen zur näheren Ausgestaltung
• der in § 9 Abs 9 TNRSG vorgesehenen Jahresgebühr für Kontrolltätigkeiten nach dem TNRSG und
• der in § 10a Abs 7 TNRSG vorgesehenen kostendeckenden Gebühr für das Zulassungsverfahren neuartiger Tabakerzeugnisse vor.

Grundlage für die Ermittlung der Kostendeckung zur Umsetzung der einschlägigen Vorgaben des TNRSG bilden die jährlichen finanziellen Aufwendungen des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen einschließlich der mitbeauftragten Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH gemäß Tabakprodukterichtlinie (TPD II) in Verbindung mit §§ 9, 10a und 10g TNRSG.

Diese jährlichen Aufwendungen sollen im Wesentlichen durch die Einhebung von kostendeckenden pauschalen Jahresgebühren abgegolten werden. Dabei werden die auf dem österreichischen Markt vertriebenen ca. 3.800 klassischen Tabakerzeugnissen bzw. verwandten Erzeugnissen berücksichtigt, die dafür anfallenden finanziellen Aufwendungen für Analytik und Begutachtung, Inspektionen und Kontrollen, Sach- und Personalaufwand, Projekt- und Overheadkosten ebenso wie ein Risikoaufschlag etc.

Laut Anlage beträgt die pauschalierte Jahresgebühr für Liquids von e-Zigaretten (Kartuschen, Nachfüllbehälter, Einwegverdampfer) je angefangenen 10 ml 0,4 Cent.

Die Fachhändler elektronischer Dampfgeräte Österreichs sehen diesen Schritt mehr als kritisch, denn eigentlich öffnet diese Verordnung dem Finanzministerium Tür und Tor um weitere Gelder für den maroden Finanzhaushalt lukrieren zu können.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen folgende

ANFRAGE
1. Nach welchen konkreten Normen bzw. Regularien soll eine Überprüfung von verwandten Erzeugnissen vonstattengehen?

2. Wie wird eine solche Überprüfung in weiterer Folge durchgeführt werden und von wem?

3. Wo genau können sich Herstellerinnen bzw. Hersteller oder Importeurinnen bzw. Importeure über jene Normen und Regularien, nach welchen verwandte Erzeugnisse überprüft werden, erkundigen?

4. Nach welchem System bzw. aufgrund welcher Faktoren oder Daten wurde die pauschalierte Jahresgebühr für Liquids von e-Zigaretten (Kartuschen, Nachfüllbehälter, Einwegverdampfer), von 0,4 Cent je angefangenen 10 ml berechnet?

5. Wofür wird diese Jahresgebühr, abgesehen von den im Entwurf festgelegten Leistungen, explizit eingehoben?

6. Wie hoch wird der Arbeitsaufwand bzw. Verwaltungsaufwand für die entsprechenden Überprüfungen ausfallen?

7. Warum wurde die AGES beauftragt?

8. Gab es eine öffentliche Ausschreibung?

9. Wenn nein, warum nicht? „

Die Frist zur Beantwortung der Anfrage ist mit 16.02.2017 – also in wenigen Tagen – bestimmt.
Schon jetzt allerdings wissen wir, dass es zu dieser Anfrage im Gesundheitsministerium Bauchschmerzen gibt. Zu Recht, denn egal, was als Antwort dabei rauskommt: sie wird nicht genügen und mit Sicherheit in die Klage vor dem VfGH einfließen.

Warum schreibe ich das alles so ausführlich …..
Nun, weil gerade jetzt ein Umbruch stattfindet, der viele verunsichert und ich denke, dass es gut ist, zu zeigen, dass hier nicht kampflos aufgegeben wird, sondern ständig daran gearbeitet wird die Rahmenbedingungen für das Dampfen den tatsächlichen Begebenheiten anzupassen und nicht der Willkür Einzelner zu überlassen.

Nächste Woche gibt es dazu ein Update – wenn die Antwort aus dem Gesundheitsministerium vorliegt.

Und vielleicht haben wir dann sogar schon eine Entscheidung des VfGH …

Vape on!

Text: Felix Huber
Bilder: Felix Huber, Thomas Baburek
 

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