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Samstag, 19. November 2016

Money makes the world go round

oder: die Bankrotterklärung eines Staates



Morgen, am 20. November 2016  läuft eine wichtige Frist für Hersteller und auch Importeure von E-Zigaretten und verwandter Produkte aus: bis zu diesem Tag sollen alle Produkte gemeldet werden. Dazu gibt es sogar ein eigenes österreichisches Gesetz, dass die Richtlinie der EU aushebelt... nur: es gibt weder Rahmenbedingungen dazu, noch eine Schnittstelle und auch keine einzige Vorschrift zu dem Verfahren an sich...
Auch auf mehrmalige Nachfrage und Intervention gelang es nicht einmal eine Antwort auf die simple Frage: "Wo sollen wir unsere Sachen melden?" zu bekommen.
Im Gegenteil, auf Anfrage bei der AGES (vom Gesetz mit der Durchsetzung der Vorschriften beauftragt) bekommt man folgende Antwort:
„Wir haben kein Meldesystem, melden Sie doch nach Brüssel.“ ?? Echt jetzt?
Dass jetzt einige Händler von sich aus begonnen haben, in Brüssel zu melden, ist wohl nur eine Fleißaufgabe.
Der Gesetzgeber weiß schlicht nicht, wie er sein Gesetz umsetzen soll....
Österreich hat sich also ein Gesetz gegönnt, dass nicht exekutiert werden kann - was läuft da und vor allem warum, schief?
Gibt es hier vielleicht ganz andere Interessen, als die, die uns immer wieder vorgekaut worden sind (Vorsorgeprinizp, etc....)?

Blicken wir ein wenig zurück und sehen wir uns einmal das Vorhaben „Mehr Steuern für den Staat“ in einem Auszug an (ich habe hier nur einige wenige Eckpunkte zur Veranschaulichung gewählt, die Aufzählung ist natürlich nicht vollständig und dient nur dazu, ein Sinnbild zu schaffen).

21. Juni 2011 - Brüssel - die Richtlinie 2011/64/EU wird vom Rat beschlossen:

Diese Richtlinie regelt in erster Linie die Verbrauchssteuern auf Tabakwaren, definiert die Kategorien von Tabakwaren, legt die Struktur und die Mindestsätze der Steuern auf Tabakwaren fest.
In dieser Richtlinie ist noch keine Rede von E-Zigaretten....

Im Jahr 2011 wird der Pharma-Markt auf die schnell wachsende Branche der E-Zigaretten-Hersteller aufmerksam.

Jänner 2012 - Brüssel - die Ramboll-Tobacco-Studie wird von der EU in Auftrag gegeben:
(link zur Studie: ideas.repec.org - Ramboll Tobacco Studie )

Das Ziel dieser Studie ist es, die Kommission über die wirtschaftlichen Informationen zu informieren, um eine Politik zu verfolgen und die wahrscheinlichen Auswirkungen dieser künftigen Politik zur Überarbeitung der Richtlinie 2011/64 / EU zwischen 2014 und 2016 zu bewerten.
Hier wird bereits über eine Überarbeitung der Richtlinie in Zusammenhang mit der bereits in Ausarbeitung befindlichen TPD2 Richtlinie nachgedacht: wie können die neuartigen Dampfgeräte eingebunden werden …..

2012: Big Tobacco kauft weltweit kleinere E-Zigaretten-Hersteller auf und steigt in den Markt ein.
2012: das DKFZ betritt im Namen der WHO die Bühne und etabliert sich als wichtigster Gegner des Dampfens.
2012: erste Analysen und Wachstumsprognosen bescheinigen dem neuen Markt ein unglaubliches Wachstumspotential. Die Steigerungsraten bei den Umsteigern von der herkömmlichen Tabakzigarette zur E-Zigarette liegen auch bei den langfristigen Prognosen im zweistelligen Prozentbereich.

Zwischen 2012 und 2016 wird das Dampfen endgültig weltweit durchgehend populär. Die Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern des Dampfens nehmen außergewöhnliche Formen an und reichen bis hin zu Klagen der Industrie gegen einzelne Staaten (Klage des VFFED gegen die Republik Österreich vor dem VfGH im Jahr 2015).

Millionen von Dampfern bedeuten für die Staaten der EU erhebliche Einbußen bei der Verbrauchersteuer auf Tabakwaren.
Österreich im Speziellen reagiert darauf mit dem Versuch, die E-Zigarette unter das Tabakmonopol zu stellen und scheitert an der Klage des VFFED.

2014: die TPD 2 wird nachgeschärft – die E-Zigarette wird als „Tabakverwandtes“ Produkt definiert und wird teilweise noch stärker reguliert als herkömmliche Tabakwaren. Eine Monopolisierung durch die Hintertür steht im Raum.

2015: Eingliederung der E-Zigarette in das österreichische Tabakmonopolgesetz wird verhindert.

2016: Finanzdaten in Österreich liegen vor. Der Fiskus verliert pro Jahr rund 250 Millionen Euro an Tabaksteuern durch den rasanten Anstieg an Dampfern.

Die Tabaksteuer ist nach der Mineralölsteuer die zweithöchste Steuereinnahmequelle des Staates: rund 1,8 Milliarden Euro werden jährlich in die Kassen des Fiskus durch den Verkauf von herkömmlichen Tabakwaren gespült.

Österreich drängt in Brüssel auf schnelle Entscheidungen bezüglich der Besteuerung von E-Zigaretten, die mittlerweile in der Ramboll Studie Einzug gehalten haben.

08. März 2016 - Brüssel - Pressemitteilung 109/16  - Thema Wirtschaft und Finanzen:

"ERKLÄRUNG ÖSTERREICHS, IRLANDS, FINNLANDS, FRANKREICHS UND SCHWEDENS

Österreich, Irland, Finnland, Frankreich und Schweden rufen in Erinnerung, dass die Steuervorschriften der Union für Tabakwaren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewährleisten müssen.
Österreich, Irland, Finnland, Frankreich und Schweden betonen, dass zu diesem Zweck eine stärkere Annäherung der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren an den höchsten gemeinsamen Nenner nötig ist.

Da die Kommission zunächst Untersuchungen anstellen und einschlägige technische Analysen, öffentliche Konsultationen und Folgenabschätzungen durchführen muss, bevor sie dem Rat einen geeigneten Gesetzgebungsvorschlag vorlegt, halten Österreich, Irland, Finnland, Frankreich und Schweden es für erforderlich, unverzüglich mit den Arbeiten an einer künftigen Überarbeitung der Mindestsätze zu beginnen."

20. Mai 2016: das neue Tabakgesetz tritt in Kraft.

16. Juni 2016: die „Roadmap“ zur Umsetzung der geplanten EU-weiten Steuer auf Tabakwaren und die E-Zigarette liegt vor.
Geplant ist die Umsetzung im ersten Quartal 2017....
Allerdings gibt es bis dato noch keinen veröffentlichten Steuersatz für die E-Zigaretten …..

20. November 2016: bis zu diesem Tag sollten alle Produkte laut Tabakgesetz neu angemeldet werden, um auch in Zukunft verkauft werden zu dürfen.
Allerdings gibt es bis zum heutigen Tag (19. November 2016) weder die Strukturen dazu, noch irgendeine Art des Anmeldeverfahrens (in Österreich nach geltendem Recht), noch irgendeine andere Art von Vorschrift dazu, die über allgemeine und damit nicht exekutierbare Phrasen hinausgeht.....

Es ging also in Wirklichkeit niemals um die immer wieder vorgeschobene Sorge um unsere Gesundheit.... Auszug aus den Schlussfolgerungen des Rates (EU) über die Struktur und sie Sätze bei Verbrauchersteuern auf Tabakwaren:



„Der Rat (Wirtschaft und Finanzen …..

2. WEIST DARAUF HIN, dass die Steuervorschriften der Union für Tabakwaren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gemäß Artikel168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleisten sollten, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Konsum von Tabakwaren schwere gesundheitliche Schäden verursacht; „
(link zum Originaldokument: consilium.europa.eu)

Schon die Tatsache, dass hier der Rat für Wirtschaft und Finanzen die Steuerung innehat, zeigt unmissverständlich, aus welcher Feder der Entwurf stammt und welche Intention dahinter steckt. Die Schutzbehauptung, dass es hier um ein hohes Gesundheitsniveau geht ist in diesem licht mehr als nur zynisch und wirft die berechtigte Frage auf, mit wie viel Steuer-Euros der Rat der EU ein Menschenleben bewertet …

Betrachtet man nun die gesamte TPD 2 Richtlinie unter dem Aspekt, dass der Antrieb für diesen Wildwuchs in einem Mehr an Steuereinnahmen liegt und die Gesundheitsvorsorge zweitrangig (wenn überhaupt..) ist, dann ergeben sich zwangsläufig logische Erklärungen für das doch streckenweise sehr seltsame Argumentationsmuster der diversen Gegner von E-Zigaretten.

Nehmen wir Österreich als Beispiel....

Österreich hat einen realen Schuldenstand von fast 293 Milliarden Euro. Pro Tag steigt der Schuldenpegel um knapp 7,8 Millionen Euro an (Quelle: DI Viktor Krammer – TU Wien, auf Basis der Daten der Nationalbank). Das reale Defizit liegt bei mehr als 85 Prozent des BIP. Viele Bereiche des Budgets werden mittlerweile schwer finanzierbar – ein Ausfall der Tabaksteuer wäre ein Worstcase-Szenario für den Finanzminister und würde unmittelbar zu Erhöhungen in anderen Bereichen führen.
Schon der Budgetplan der letzten Jahre hat gezeigt, dass es immer schwieriger wird, die Ausgaben zu finanzieren. Österreich hat zwar kein Einnahmeproblem (extrem hohe Steuerlast), aber ein Ausgabeproblem, dass wir nicht in den Griff bekommen.
Tatsächlich ist daher der drohende Verlust der Tabaksteuer ein Szenario, das sowohl im Finanzministerium, als auch in den abhängigen Bereichen Angst hervorruft.
Dazu kommt, dass der Aufschwung und die Popularität der E-Zigarette völlig unterschätzt wurde. Nahezu alle bisher gesetzten Maßnahmen der Regierung sind übereilte und aus Angst geborene, unausgegorene Reaktionen auf eine Marktentwicklung, die Steuern kostet.
Es fehlt den Verantwortlich sowohl an Weitsicht, als auch an Einsicht – und an Wissen, um geeignete Rahmenbedingungen für das Phänomen E-Zigarette zu schaffen.
Das Unterschätzen des Potentials der Dampfe hat auch dazu geführt, dass anstatt ordentlich überdachter und praktikabler Gesetze eine ganze Reihe von Kurzschlusshandlungen als Gesetz verabschiedet wurden, die nun tatsächlich in der Form gar nicht exekutierbar sind.

Dem Drang, Steuergelder nicht zu verlieren wurde alles untergeordnet – auch mit falschen Angaben, unter der Verwendung polemischer und nichtwissenschaftlicher „Argumente“ von selbsternannten Experten und Expertinnen, die in die Gesetzgebung deshalb Einzug gefunden haben, weil sie zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung nichts anders als dienlich waren. Diese „Experten“ haben schließlich wider besseren Wissens das gesagt und postuliert, was man gerade als opportun in der Argumentation, warum die E-Zigarette schlecht ist, brauchen konnte.

Und niemand in den verantwortlichen Stellen hatte damit gerechnet, dass ausgerechnet in dem kleinen Österreich, wo man seit Jahrzehnten gewohnt ist, dass der Steuerzahler zwar motzt, aber nicht aktiv reagiert, es einen organisierten und professionellen Widerstand gibt, der noch dazu das recht auf seiner Seite hat.

Als der erste Widerstand spürbar wurde (die Klage vor dem VFFED vor dem VfGH im Jahre 2015) wurde aber nicht vernünftig reagiert, sondern im höchsten Maß panisch und wieder unüberlegt:
Die Umsetzung der TPD 2 geriet europaweit zu einer regelrechten Missgeburt.

Das österreichische Tabakgesetz neu ist schlicht nichts anderes, als der nächste Versuch, die E-Zigarette in das Tabakmonopol ein zu kippen. Zwar mit anderen Worten und Umschreibungen ausgekleidet, aber um keinen Deut besser, oder auch nur anders, als der Versuch im Jahre 2015.
Im März diesen Jahres hat die österreichische Regierung auf das drohende Waterloo bei der nächsten Klage reagiert und sich schlicht an die EU gewandt mit dem dringenden Ersuchen, in der Steuerfrage zur E-Zigarette schnell zu reagieren.
Auch dieser Schritt ist im Lichte des Slogans „Money makes the world go round“ zwingend logisch:
Erlässt die EU ein entsprechende Steuerrichtlinie wird Österreich a) eines der ersten Länder sein, dass diese Richtlinie umsetzt und b) in der Argumentation die Hände heben und folgerichtig rausposaunen:
„...... das ist eine Richtlinie der EU, das sind uns die Hände gebunden, denn wenn wir das nicht umsetzten, dann …...“

Die gesundheitlichen Vorteile, die marktwirtschaftlichen Aspekte (Arbeitsplätze, etc...) werden dann nicht einmal mehr angesprochen: das immer wieder als Totschlagargument hervorgekramte „Vorsorgeprinzip“ (das immer wieder missbräuchlich verwendet wird) hat ausgedient, weil die mittlerweile sehr zahlreich vorliegenden Studien genau das Gegenteil aussagen von dem, was sich unsere Regierung geradezu wünschen würde: eine Reduzierung der Schädigung um 95% ist in der Argumentation contra E-Zigarette nicht hilfreich.
Das geht soweit, dass mittlerweile schon zur Abstinenz aufgerufen wird - Ministerin Oberhauser wörtlich bei einer Pressekonferenz:


„Alles was dampft und man sich in den Mund stecken kann, muss verboten werden.“

In einem nicht vom Schuldenstand regierten Österreich wäre diese Argumentation wohl kaum beachtet worden.
Jetzt allerdings wo Feuer am Dach ist und die Steuereinnahmen prognostiziert bis zum Jahr 2020 um mehr als 750 Millionen Euro druch den Verlust von Einnahmen der Tabaksteuer zurück gehen könnten, da wird selbst so ein verbaler Dünnschiss ein handfestes Argument.

Wir kämpfen hier also nicht nur einen Kampf gegen eine tatsächlich schwachsinnige Überregulierung sondern auch gegen ein marodes System, das täglich um das Überleben kämpft.
Wie wichtig das Thema tatsächlich ist, zeigt auch der Umgang damit: die Verhandlungen sind Chefsache geworden.
Minister wenden sich mit Interventionswünschen (höflich ausgedrückt) an Kammervorsitzende, das Bundeskanzleramt nimmt Stellung außerhalb der gewöhnlichen Informations- und Nachrichtenwege und zu guter Letzt kommt dann die Regierung auf die Branche mit der Bitte um Hilfe zu.
Und zwar mit der Bitte, der Regierung dabei zu helfen das Gesetz umzusetzen, das die Branche eigentlich vernichtet.

Und in allen Gesprächen, Verhandlungen und Interventionen geht es nur um ein Thema: Geld …..

Der Mensch, die Gesundheit, das Potential, dass die E-Zigarette die historisch größte Errungenschaft im Kampf gegen den durch das Zigarettenrauchen ausgelösten Krebs ist – all das findet sich in keiner Argumentation der Regierungsvertreter wieder.

Meine Frage: wie viel Steuereuros bin ich dann wert? Mit welchem Betrag schätzt das Finanzministerium mein Leben ein? Ist das so wenig, dass es gar keine Beachtung mehr findet – bin ich nur mehr eine Eurozahl in einer ungerechten Gleichung?

Merkt Euch: wenn es um die Staatsfinanzen geht gelten andere Regeln. Vernunft bekommt eine andere Definition und das Ohr der Regierenden für diejenigen, die Geld bringen (zum Beispiel die Pharmalobby) ist weit geöffnet.
Wir zählen da nur mehr, wenn wir als Masse auftreten und nachdrückliche Zeichen setzen. Mit einem Shitstorm auf facebook oder einer Entrüstungswelle am Stammtisch ist vielleicht ein Anfang gemacht – aber mehr auch nicht.
Das einzige Mittel, mit dem wir die Leute im Parlament zwingen können, uns zu zu hören, ist unsere Stimme bei Wahlen. Nur davor haben sie Angst.

Seht Euch zum Beispiel " A Billion Lives" an - eine ausgesprochen klare Dokumentation - und eine Bewegung, die Mut macht.




Vape on!


Text: Felix Huber
Bilder: Felix Huber, Attention Era Media



 

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