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Freitag, 24. März 2017

Antrag abgewiesen

.... ein Erkenntnis und die Folgen




DerVfGH hat am 14.03.2017 über den Individualantrag eines Onlinedampfshopbesitzers gegen das Versandhandelsverbot entschieden und so viel sei vorweg genommen:
Der VfGH hat in seiner Begründung wesentliche Mängel in seiner eigenen Informationsverarbeitung offengelegt.

Zur Sache:



...... über den Antrag der (Name des Antragsteller anonymisiert),
vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH, Karlsplatz 3/1, 1010 Wien, näher bezeichnete Wortfolgen in ä 1 Z 1b, 1c, 1| und ä 2a TNRSG sowie ä 10d Abs. 1 Z 3, ä 10d Abs. 1 Z 4 und ä 10d Abs. 3 TNRSG zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben, in seiner heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 140 B—VG zu Recht erkannt:

Der Antrag wird abgewiesen.




Eigentlich könnten wir es jetzt schon dabei belassen...: der Verfassungsgerichtshof hat entschieden und basta.

Aber wir wollen ja mehr wissen, nicht wahr?

Zum Antrag über die Aufhebung von Wortfolgen und Bestimmungen im TNRSG (Tabak- und Nichtraucherschutzgesetz ) stell ich Euch die Entscheidung des VfGH hier online (anonymisiert):

Darin sehen wir, dass es vorrangig um das elendige Versandhandelsverbot ging. (So ein Versandhandelsverbot ist übrigens auch in Polen in Kraft und soll angeblich auch in Luxemburg folgen....)

Der Antragsteller ist ein Unternehmen, welches einen Onlineshop betreibt und von diesem Verbot zu hundert Prozent betroffen ist: kein Offlineshop, nur Onlinegeschäfte.

Der Antrag ist sehr gut ausformuliert (Oberhammer Rechtsanwälte aus Wien) worden und zielt auf  einschneidende Beschränkungen in Grundrechte ab: freier Warenverkehr, Unternehmerische Freiheiten, Eigentumsrecht.

Penibel wird aufgelistet, was der Meinung des Antragstellers nach über das Ziel hinausschießt und nicht mit den Grundrechten im Einklang steht.

Die Bundesregierung hat auf den Antrag hin eine Replik (Antwort) erteilt, in der naturgemäß alles ganz anders dargestellt wird und natürlich kommen auch die Kinder vor: es ginge ja um den Jugendschutz ... nebenbei dann noch um den Konsumentenschutz und den Gesundheitsschutz.

Haarsträubend, was da von Seiten der Bundesregierung an Argumentation abgeliefert wird – und auch zu Recht vom VfGH in einigen Passagen mit „... da ist die Bundesregierung nicht im Recht“, etc... festgestellt wird.

Aber auch dem Antragsteller erteilt der VfGH kurz und knapp die Ansage, dass es ja ein Ladengeschäft eröffnen könne – das sie ihm ja unbenommen und daher auch kein Berufsverbot.

Und zuletzt kommen die Gründe für die Ablehnung, die mir tatsächlich Magenschmerzen verursachen.
Der VfGH verliert sich teilweise in ANTZ-Kampfrethorik, wo man die Folgen nicht genau abschätzen könne, es sich ja um Chemikalien handle, deren Auswirkungen noch nicht genau erforscht seien (hier spricht der VfGH ausgerechnet das schon tausende Male getestete PG an!) und verweist darauf, dass es noch keine Langzeitstudien dazu gäbe, die aussagekräftige Resultate liefern würden.

dazu aus dem Erkenntnis zum Thema PG:
"2.4.4. Im Hinblick auf die Einbeziehung nikotinfreier Produkte in den Anwen-dungsbereich des TNRSG ist zunächst allgemein anzumerken, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, auch diese, weitgehend noch unerforschten Produkte, im Sinn des Vorsorgeprinzips, auf Grund potentieller gesundheitsschädigender Auswirkungen (durch die Inhalation einer ChemikaIienmischung, insbesondere von Propylenglykol) in den Anwendungsbereich des TNRSG und des Versandhandelsverbots einzubeziehen."

Nun spätestens da war klar, dass der VfGH die fristgerechten Nachreichungen über die Langzeitstudie des britischen Krebsforschungszentrum einfach nicht mehr beachtet hat.
Der Wissensstand, mit dem hier das Thema aufgearbeitet wurde, fußt ganz offensichtlich noch auf die über Jahre hindurch erzählten Märchengeschichten von Pötschke-Langer und Konsorten.
Und mit geradezu Unmut – so mein Eindruck – hat man sich zumindest Teile der Public Health Studie durchgelesen und diese dann doch in die Begründung einfließen lassen ….. dazu aus dem Erkenntnis:
"2.4.6.2. Vor dem Hintergrund der gesundheitspolitischen Zielsetzung wäre es zudem unsachlich, ein Versandhandelsverbot für Tabakerzeugnisse, nicht jedoch auch für die ähnlich gesundheitsgefährdenden verwandten Erzeugnisse vorzusehen. An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die E-Zigarette im Vergleich zur gewöhnlichen Tabakzigarette zumindest "weniger schädigende" Auswirkungen (beispielsweise mangels Aufnahme von Kohlenmonoxid und Teer) aufweist."

Die Dampfe ist also weniger schädlich … aber trotzdem …. wer versteht das jetzt?

Auch der mittlerweile mehrfach wissenschaftlich widerlegte Gateway-Effekt kommt zur Sprache:

Aus dem Erkenntnis:
"2.4.6.4. Auch im Hinblick auf den Jugendschutz ist das Versandhandelsverbot als geeignet anzusehen. Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er davon ausgeht, dass die (leicht zugänglichen nikotinhaltigen oder nikotinfreien) E-Zigaretten den Einstieg von Jugendlichen in den herkömmlichen Tabakkonsum erleichtern würden und es durch diese (potentiell) zur Einübung des Rauchrituals kommen könnte, das einen wesentlichen Bestandteil der psychischen Abhängigkeit darstelle."

Den Rest spare ich mir und verweise hier noch einmal auf den Downloadlink zum anonymisierten Dokument:

Eine ganze Menge mehr an Pötschke-Langer Kauderwelsch ist in der Begründung zu finden und man kommt nicht umhin ein flaues Gefühl von vorauseilendem Gehorsam gegenüber einer geplagten Regierung zu verspüren.

Die sehr gut aufgebaute Argumentationskette des Antragstellers wird schließlich mit einem Satz vom Tisch gewischt:

"Das Versandhandelsverbot verfolgte den Ausführungen der Bundesregierung und der antragstellenden Gesellschaft entsprechend offensichtlich die Interessen des Gesundheits-, Konsumenten- und Jugendschutzes. Damit verfolgt das Versandhandelsverbot jedenfalls (schwerwiegende) im öffentlichen Interesse gelegene Ziele."

Und damit ist alles vom Tisch was für die Dampfe spricht.
Es geht um die Kinder, es geht um die Konsumenten und es geht um die Gesundheit.

Was für eine Farce, die wir aber natürlich als Erkenntnis des VfGH akzeptieren.

Was das nun für die Zukunft bedeutet?

Nun, zuallererst: es bleibt alles so, wie es ist. Kein Versandhandel.
Allerdings ist der Weg für das Bundesministerium für Gesundheit nun nicht mehr versperrt, im Interesse des Jugendschutzes auch Onlineshops gänzlich für Endverbraucher zu verbieten, denn wie der VfGH die Aussage der Bundesregierung nicht bemängelt hat, dass grundsätzlich Jugendliche dazu neigen, Altersbeschränkungen zu umgehen (die Regierung sagt damit klar, dass Jugendliche generell Gesetz brechen würden), wird das Gesundheitsministerium dafür Sorge tragen, dass Jugendliche online gar keinen Zugang mehr haben werden – und damit auch alle anderen DampferInnen und Dampfer.

Eine genauere Aufarbeitung wird erst in den nächsten Tagen durch den Rechtsbeistand erfolgen – dann gibt es mehr Informationen.

Trotz allem:
Vape on!
Lasst Euch nicht unterkriegen!

Text: Felix, VfGH
Bilder: Felix, ©VfGH/Achim Bieniek
 

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