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bewegte Bilder - Reviews, etc

Samstag, 9. September 2017

In der Welt der Eiferer

... ist der, der denkt das Übel.

Der RBB (das regionale Fernsehprogramm des Rundfunks Berlin-Brandenburg) hat vor einigen Tagen mit einem Beitrag in dem Boulevardmagazin “zibb” (zuhause in Berlin und Brandenburg ) für einiges an Aufregung gesorgt.
Titel der Sendung: “Wie gesund oder schädlich sind E-Zigaretten?”

Über die Aussagen des Lungenfacharztes Dr. Med. Christian Grah zur Dampfe und die vermeintliche Stellung des RBB dazu wird seitdem heftig diskutiert und mittlerweile hat Prof. Dr. Bernd Mayer einige der Wortmeldungen des Lungenfacharztes ausführlich kommentiert und schließt seine Replik mit den Worten:
“Fazit: Die Ausführungen von Herrn Dr. Grah entbehren jeglicher sachlicher Grundlage. Ob er all das was er sagt auch tatsächlich glaubt oder die Bevölkerung absichtlich in die Irre führt, kann ich nicht beurteilen. “ (Bernd Mayer auf facebook am 06.09.2017).

Prof. Dr. Bernd Mayer

Allerdings ist zu bezweifeln, dass die vollkommen richtige Kritik Bernd Mayers an den Ausführungen von Grah irgend etwas an dessen Einstellung ändern wird können.

Bereits im Jahre 2014 hat Dr. Grah den selben Unsinn fast wortgleich in einem TV-Interview von sich gegeben – also vor drei Jahren schon, was in der Welt der Wissenschaft bedeuten kann, dass in diesem Zeitraum neue Erkenntnisse und wissenschaftliche Arbeiten früheres Wissen ergänzt, oder gar ersetzt haben können.
Darauf hat Dr. Grah – wie man hören durfte – keine Rücksicht genommen, für ihn ist die Zeit wohl stehen geblieben ....

Grah hat in seinem Redebeitrag auch versucht, die Sucht (ohne sie jetzt konkret zu bennen) an sich als etwas Böses, Übles und Verwerfliches darzustellen und das “man” gegen diese Sucht vorbeugen muss, etc...

Diese Aussagen erinnern mich stark an Formen des Fanatismus, wie wir sie immer wieder erleben müssen: die Forderung nach der sucht- und lasterfreien Gesellschaft.
Frei nach dem Motto der mittlerweile leider verstorbenen Gesundheitsministerin Oberhauser: “Alles was dampft und man sich in den Mund stecken kann, muss verboten werden!” (anlässlich einer Pressekonferenz mit dem damaligen Vizekanzler Mitterlehner in Wien)

Es gibt eine ganze Reihe von selbsternannten – und auch tatsächlich beauftragten – Gesundheits- und Tugendaufsehern, die den vollabstinenten Vernunftmenschen als Idealmenschen sehen.
Denken wir an den Rauchersheriff, an Pötschke-Langer oder an Dr. Pietsch als Beispiele. Sie alle haben gemeinsam, dass sie, ohne es erklären zu können oder zu wollen, den Menschen ihren eigenen Wunsch zur Abstinenz aufzwingen wollen.



Und diese fanatischen Eiferer sind der Regierung natürlich nur recht und billig: was man nicht versteht muss vorsorglich reguliert werden, damit man zumindest die Kontrolle darüber erlangt, oder behält. Damit das auch ohne all zu großen Gesichtsverlust geschehen kann, bedient man sich dabei der Aussagen und Meinungen von Grah und Konsorten.
Dass dabei einem Grah, oder Pietsch hundert andere wissenschaftliche Schwergewichte gegenüberstehen, die genau das Gegenteil erarbeitet und bewiesen haben, das fällt dabei nicht ins Gewicht, weil hier die nächsten Eiferer zum Zuge kommen: die klickgeile Journaille, die tendenziös berichtet und ein der Regierung freundliches Zerrbild der Realität erschafft.
Und auch hier fällt “die Sucht” ins Gewicht und sorgt für allerlei Rechtfertigungen, warum nicht ausgewogen, sondern einseitig und dann auch noch schlecht recherchiert berichtet wird.
“Die Sucht” - wie immer man die jetzt beim Dampfen überhaupt beschreiben möchte (mein liebster Satz dazu kommt von Bernd Mayer: It is not a bug – it is a feature!), reizt auch hier das Fanatikergen in den Schreibstuben, denn Sucht ist ja etwas ....

Ja was eigentlich?

Lange Zeit wurde dieser Begriff mit der physischen und/oder der psychischen Abhängigkeit von Substanzen gleichgesetzt.
Nach und nach wurde der Begriff dann auch auf soziale Abhängigkeiten und bestimmte Verhaltensweisen (Spielsucht, Kaufsucht, etc...) ausgedehnt und wird mittlerweile fast inflationär verwendet. Dabei werden auch Gewohnheiten in die Nähe von Suchtverhalten gerückt – je nachdem, ob das gerade populär ist, oder nicht.

Jedenfalls ist der Begriff Sucht anstössig genug geworden, um nicht daran anzustreifen: man will ja nicht als Süchtiger dastehen, weil man jeden Morgen nach dem Kaffee verlangt ....

Es ist daher für eine Redaktion ungleich einfacher und weniger aufwendiger, etwas zu einer Sucht zu erklären (oder erklären zu lassen durch einen “Experten” - ich erinnere hier an den Urologen, der für den Standard immer wieder als Experte für das Dampfen auftreten darf.), als sich damit differenziert auseinander zu setzen – vor allem dann, wenn es sich wie beim Genuss von erhitzten Aromen in einem Dampfgerät und eine für Außenstehende sehr umfangreiche und durchaus auch komplizierte Materie handelt.
Und man ist ja vermeintlich auf der sicheren Seite: wer kann schon etwas gegen eine Sucht sagen....

Dabei gibt es ja nicht einmal den Funken eines Hinweises, dass das Dampfen in irgendeiner Form generell süchtig macht!

Trotzdem wird gewarnt und verteufelt, was das Zeug aushält (oder auch nicht) – an vorderster Front stehen natürlich die Kinder, die man unbedingt vor dieser Gefahr schützen muss (wie immer diese Gefahr auch heißen mag...).

Um den Gebrauch von gesundheitlich nicht gänzlich unbedenklichen Genussmitteln zu bekämpfen, sollen dem Bürger diese an sich madig gemacht werden, indem schon der kontrollierte Genuss geringer Mengen davon als der erste Schritt in die Hölle hingestellt wird.
Man selbst (die Journaille) ist dabei der weiße Ritter auf dem Schimmel, der uns alle vor Schlimmeren bewahrt....

Richard Herzinger schrieb dazu in der Welt vor einiger Zeit:

Der Idealmensch der zahlreichen Gesundheits- und Tugendaufseher der Republik ist der vollabstinente Vernunftmensch. Er lässt aus Präventionsgründen („Wehret den Anfängen“) von vorneherein die Finger von Zigaretten, Wein und Bier, von unter das Drogengesetz fallenden Substanzen ganz zu schweigen. Zusätzlich wird er wohl bald auch auf das Fleischessen verzichten müssen, das zunehmend als eine Erbsünde gegen die säkularen Ersatzgötter Gesundheit und Umwelt dämonisiert wird.

An dieser Stelle muss ich alle Eiferer und Fanatiker allerdings enttäuschen:
Wir werden alle dennoch erkranken und eines Tages sterben .....

Mein Rat und “Wort zum Sonntag”:

Nicht alles glauben, was geschrieben steht und nicht alles für bare Münze nehmen, wenn jemand daher kommt und entgegen der selbst gemachten Erfahrungen glatt einmal das Gegenteil behauptet.

Sapere aude – in der Definition von Kant: habe Mut, Dich Deines Verstandes zu bedienen!

Vape on!


Text: Felix Huber
Bilder: FH, reporter.co.at

 

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