Im Gespräch mit einem Hydranten – oder: warum es keine Antworten gibt
So, oder so ähnlich fühlt es sich an, wenn man versucht, für die Leidenschaft des Dampfens Gehör zu finden.
Als würde man seine Argumente pro dampfen gegen eine Mauer reden, oder eben mit einem Hydranten darüber diskutieren wollen.
Ich werde immer wieder dieselben Fragen gefragt:
„Warum lesen die Politiker nicht den Beitrag XY? - Wieso informieren sich die nicht?“
„Wieso steht nichts Positives in den Medien über das Dampfen? Wieso steht – wenn überhaupt nur negatives in den Medien?“
Bis hin zu:
„Wieso wird das Gesetz nicht längst geändert, wenn doch ohnehin schon alle wissen, dass das Dampfen viel weniger schädlich ist, als das Rauchen? Liest denn niemand den Cochran-Report?“
Und da kann man sich als dampfender Aktivist dann schon so vorkommen, als ob man im Parlament stünde, eine Rede schwingt und keiner ist da.....
Wenn du was sagst und keiner ist da .... österreichisches Parlament im Betrieb |
Es sind eigentlich immer wieder dieselben Themen, die gefragt werden und man könnte diese Themen allesamt auf einen Nenner bringen:
Wieso werden wir nicht gehört?
Nun, ganz so stimmt das ja dann doch nicht.....
Gehört werden wir schon ein wenig – auch ein bisschen wahrgenommen. Aber: das reicht halt noch lange nicht, um etwas in Bewegung zu setzen.
Nehmen wir als Beispiel den Cochrane-Report. (Hier der Link zum Report: cochrane.org )
Eine der Autorinnen dieses Reports, der ein update eines Reviews aus dem Jahre 2014 ist, schreibt dazu selbst in einem Artikel im Guardian, dass selbst in der wissenschaftlichen Welt die Meinungen über das Thema dampfen auseinander gehen. (Quelle: Guardian )
Im extremen gibt es in der Welt der Dampfer die eine Seite, die fast schon euphorisch darauf pocht, dass das Dampfen das Allheilmittel gegen das Tabakzigarettenrauchen sein kann und dann gibt es die andere Seite, die wieder der Meinung ist, dass das Dampfen sogar schlechter und schädlicher als das Rauchen von herkömmlichen Zigaretten sein könnte.
Die Autorin des Artikels - Jamie Hartmann-Boyce - findet die Erklärung zu diesem Phänomen vor allem darin, dass es auch immer auf die Fragestellung, oder Aufgabenstellung bei den Studien ankommt und auch auf die Art der Studie generell, wie etwas betrachtet und erforscht wird.
Genauso unterschiedlich sind dann auch die einzelnen Ergebnisse zu sehen und zu bewerten – auch dann, wenn wie hier alle im selben Boot sitzen und eine nachhaltige Reduzierung der Schädigung durch das Rauchen erreichen wollen.
Und so ist es auch bei der Betrachtung solcher Studien und deren Interpretation – wenn man nicht gerade selbst Wissenschaftler(in) ist und dem Geschreibsel des Boulevard folgen muss: die Bewertung der Folgen daraus ist tatsächlich immer eine sehr persönliche für den Leser. (Es gibt ja auch Leute, die prinzipiell gegen, oder für etwas sind – egal was dann bei einer Studie rauskommt: die festgefahrene Meinung dieser Menschen ist auch dann nicht zu erschüttern....) Diese Bewertung muss dann gar nicht mit der Mainstream-Meinung übereinstimmen .....
Wir als Dampfer und Dampferinnen haben dabei naturgemäß eine etwas andere Sicht auf diese Dinge als zum Beispiel die Beauftragten des deutschen Krebsforschungszentrums.
Auf der einen Seite gibt es also eine Reihe von hochspezialisierten und renommierten Einrichtungen veröffentlichten Studien, die sich nicht explizit gegen das Dampfen aussprechen und auf der anderen Seite eine ungleich höhere Zahl an Publikationen, die das Dampfen verteufeln.
Eine fatale Situation …. wem soll man da jetzt Glauben schenken?
Vor allem für Politiker, die sich einen Teil ihrer Meinung durch Medienberichte bilden (müssen) und sich selbst mit der Materie nicht auseinandersetzen.
Auch deren Referenten und Sachbearbeiter sind auf die Mitteilungen in offiziellen Kanälen angewiesen, die dann zum Beispiel mit solchen Headlines aufwarten:
Das deutsche "Ärzteblatt" verlangt gar die völlige Abstinenz... wie krass daneben ist das denn? |
Da wird dann gleich mal "festgestellt", dass die Abstinenz in Gefahr ist! Wie krass ist denn so ein Schwachsinn - der aber leider gelesen wird....
Allerdings muss auch klar sein: Dampfen ist nicht gesund und wie soll man zum Beispiel die Gesundheitsministerin dazu gewinnen, etwas gut zu heißen, das nicht gesund ist?
Für die zählt schlicht nur, dass das Rauchen vollkommen verboten wird und das Dampfen erst gar nicht in Mode kommt.....
Bitte mich richtig zu verstehen: ich versuche jetzt nicht eine Lanze für die Entscheidungen der Regierung zu brechen – ich will hingegen aufmerksam machen, dass es eine Welt außerhalb der Dampfercommunity gibt, die sich mit dem Thema dampfen bei weitem nicht so intensiv auseinandersetzt, wie die Dampfer selbst.
Und dort werden die Entscheidungen getroffen – nach ganz anderen Vorgaben und Maßstäben, wie wir es am Stammtisch tun.
In einem Fall wie diesen – wo es um schwerwiegende Fragen der Gesundheits- und Finanzpolitik geht, werden dann natürlich – vor allem wenn dann noch innenpolitische Fragen oder Klubzwänge mitspielen – die „Expertisen“ der weltweit anerkannten Einrichtungen herangezogen, wie zum Beispiel der WHO und auch deren kooperativen Einheiten (DKFZ) und weniger die Fachberichte und einzelne Fachpublikationen, die ohne einer genauen Recherche der breiten Öffentlichkeit gar nicht einfach zugänglich wären. (Wer zum Beispiel hat von Euch schon zuvor von der non-profit Organisation Cochrane gehört?)
Zu guter Letzt wird dann noch das „Vorsorgeprinzip“ (besser verbieten oder strengstens regulieren, als freigeben und Schäden nicht ausschließen können) über jede Verhältnismäßigkeit strapaziert, als Totschlagargument herangezogen und eine Entscheidung getroffen.
Mit ein paar persönlichen Befindlichkeiten - oder auch Interessensabwägungen - der EntscheidungsträgerInnen gespickt, haben wir auch schon eine von der TPD2 abwärts in die nationalen Parlamente nach unten relativierte und nivellierte Entscheidung, mit der die Politik leben kann.
Dazu dann nächstes Jahr noch schnell eine kleine Steuer, damit der Ausfall der Tabaksteuer (das ist in Österreich der zweitgrößte Batzen an Steuergeldern, die vom Fiskus eingenommen wird - gleich nach der Mineralölsteuer...) nicht so schmerzt und vorbei ist der Zauber.
Was noch dazu kommt: die teilweise völlig schräge und auch falsche Informationspolitik des DKFZ, das uns immer wieder mit neuen Aussagen überrascht.
Das ist kein Mitarbeiter des DKFZ |
Als da wäre der ewige Argumentationshammer mit der Abhängigkeit von Nikotin.
Geht für mich einher mit meiner Sucht nach dem nächsten Glas Nutella, oder viel einfacher noch: mein morgendlicher Kaffee - ich bin süchtig danach! Mein Gott: ich bin abhängig!
Die Aussagen vom DKFZ zu diesem Thema, die mit jeder Menge „steht im Verdacht“, „könnte sein“ gespickt sind, sind reinste Polemik.
Liebes DKFZ, merke: eine Abhängigkeit ist noch keine Krankheit und macht auch nicht zwangsläufig krank!
Ich denke, dass es wenige Menschen gibt, die nicht (von was auch immer) abhängig sind.
Das DKFZ meint dann auch, dass die Tabakproduktrichtlinie nur E-Zigaretten reguliert, die Nikotin enthalten.
Na, auch das ist Schwachsinn: in meinem Akkuträger und in meinem Tröpfler ist beim Kauf tatsächlich einmal kein Nikotin enthalten und trotzdem wird auch die Hardware reguliert - mit diesem Argument?
Das immer wieder heraufbeschworene und verbesserte Ineinandergreifen des europäischen Binnenmarktes unter gleichen Wettbewerbsbedingungen ist zwar laut DKFZ vorhanden in der Realität aber schlicht eine glatte Lüge: Rechtschaos wohin man blickt. Vom Verbot des Versandhandels bei uns in Österreich bis hin zu unterschiedlichen Steuern und Abgaben, Aromenverbote, etc... gibt der reale Markt in allen Ländern alles her, was wettbewerbsverzerrend und auf keinen Fall harmonisierend ist.
Das alles weiß allerdings auch die Politik möchte ich jetzt einmal in den Raum stellen …. spätestens seit der letzten Klage des VFFED vor dem Verfassungsgerichtshof....
Noch ein krasses Beispiel für die Nichtkommunikation in Sachen E-Zigarette:
Die Meldepflicht steht ins Haus. Hersteller, Importeure und unter gewissen Voraussetzungen auch Händler müssen in sehr naher Zukunft die Ware anmelden, bevor se sie verkaufen dürfen.
Dazu hat der Gesetzgeber ein Gesetz erlassen.
Da bis zum heutigen Tag weder das Prozedere, noch der Umfang geklärt ist was nun genau gemeldet werden muss und auch nicht geklärt ist, an wen in welcher Form was gemeldet werden muss, sind die dafür zuständigen Stellen und Ministerien aufgefordert worden, die Verfahrensrichtlinien und Meldestellen bekannt zu geben.
Weil man ansonsten nicht dem Auftrag des Gesetzes folgen könnte und sich strafbar machen würde, wenn man trotzdem Ware in den Verkehr bringt.
Schon zuvor gab es dazu Gespräche mit den Vertretern der Behörden, wobei die Vertreter dieser Behörden einzig die Frage hatten, wie viel Geld sie nun für die Einrichtung der Meldestelle bekommen. Tatsächlich wussten die Profis des Ministerium keine einzige Frage zu beantworten....
Und es ist auch bis heute kein Antwort auf die Anfrage gekommen... obwohl es hier eine Frist gibt, die schon in Kürze abgelaufen sein wird.
Was denkt das Ministerium? Etwa, dass es möglich ist innerhalb weniger Tage auf gut Glück in ein System einzupflegen, das es noch gar nicht gibt?
Hier hat man viel zu weit über das Ziel hinausgeschossen und weiß jetzt tatsächlich nicht, wie man damit umgehen soll - also sagt man einmal gar nichts...
Nun, das beantwortet noch nicht die Frage: warum hört uns – Dampfer – niemand?
Sieht denn niemand, dass ich nur dampfe? Sieht mich denn überhaupt jemand?! |
Das ist gar nicht so schwer zu beantworten:
Wir sind schlecht wahrnehmbar. Wir sind in kleinen, mittleren und größeren – zumeist geschlossenen – Gruppen in den sozialen Medien organisiert und bleiben dort.
Unsere Diskussionen und Hangouts sind meistens nur intern angelegt (teilweise auch da noch beschränkt auf einige wenige Mitglieder – was ich überhaupt nicht verstehe) und die Stammtische eben nur der ohnehin schon eigenen Klientel bekannt und werden auch nicht von außenstehenden besucht.
Wir reden also eigentlich nur im Kreis herum ….
Nach außen dringt von allen den Argumenten, Sorgen und Wünschen weder an die Regierung noch an die Öffentlichkeit etwas.
Und selbst diese Gruppen sind nicht homogen genug, um daraus einen kommunikativen Vorteil herausschlagen zu können: viel zu oft sind die Gruppen untereinander zerstritten und es bilden sich regelrechte Lager – was die Kommunikation nach außen hin auch nicht gerade erleichtert...
Es hört uns schlicht deshalb niemand (zumindest die nicht, die wir ja erreichen wollen), weil es nicht nach außen kommunizieren.
„Die da oben“ wissen vielleicht dass es uns gibt und dass wir bestimmte Vorstellungen davon, was nicht geht, aber das war es dann auch schon.
Ein Stefan Wölflinger und ein Thomas Baburek sind da halt dann doch auf die Möglichkeiten von zwei Aktivisten und deren Organisationen eingeschränkt – mehr geht da nicht.
Viel mehr liegt die Verantwortung für die Verbreitung unserer ureigenen Wünsche und Vorstellungen (egal, wie die jetzt aussehen) bei uns selbst.
Wir sind das beste Medium – wenn wir von uns Gebrauch machen und jedem/r erzählen, wie wir zum Dampfen stehen, warum wir das überhaupt tun, was dampfen eigentlich ist (aber bitte nur Fakten) und was wir damit erreichen wollen.
Das können und sollten wir zum Beispiel regelmäßig in Leserbriefen an die Tageszeitungen schreiben. Da reicht ein Mail an die Redaktion (die Mailadresse findet man im Allgemeinen im Impressum und wenn dort nichts steht, dann hilft es immer, einfach an redaktion@...der Name der Zeitung, oder an lokales@... der Name der Zeitung zu schreiben).
So gesehen sind der Titel und die Headline dieses Beitrags anders zu beantworten:
Ist da jemand?
Ja klar! Jede Menge an Leuten – halt außerhalb der selbst auferlegten Beschränkungen durch geschlossene Facebook-Gruppen ;-)
und:
Im Gespräch mit einem Hydranten – oder: warum es keine Antworten gibt
Die Antworten gibt es dann, wenn die Fragen an diejenigen Menschen, Einrichtungen und Medien gestellt werden, die sich außerhalb der Community befinden.
Warum man uns nicht hört?
Weil wir in den falschen Wald und noch dazu viel zu leise schreien!
Also. Ran an die Tastatur! Schreibt Euren Leserbrief! Schreibt den Abgeordneten!
Mindestens einmal die Woche!
Vape on!
Text: Felix Huber
Bilder: Felix Huber