...so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.
Dieses Zitat, das Albert Einstein zugeschrieben wird, hat mir mein heutiger Interviewpartner mit auf meinen romanesken Weg der Schreiberei gegeben.
Als Mahnung, wie ich es verstehe – weil ihm die Aussage und der Inhalt der ganzen Thematik rund ums Dampfen nicht nur wichtig ist, sondern auch am Herzen liegt – so meine Empfindung.
Er, das ist O. Univ.-Prof. Dr. Bernhard-Michael Mayer – Leiter des Bereiches Pharmakologie und Toxikologie am Institut für pharmazeutische Wissenschaften an der Karl-Franzens-Universität in Graz und unter anderem auch korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Und: sympathischer, bodenständiger Dampfer.
O. Univ.-Prof. Dr. Bernhard-Michael Mayer |
Eingedenk der Komplexität der wissenschaftlichen Aspekte rund ums Dampfen und der bereits vorhandenen und publizierten Ausführungen von Prof. Dr. Mayer dazu, werde ich in diesem Artikel darauf verzichten, auch nur den Versuch zu starten, das Rad neu zu erfinden.
Eben: Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.
Dazu werden am Schluss des Artikels Links zu Originaldokumenten und Publikationen zu finden sein, die wichtige Fragen ausführlich beantworten.
Und jetzt zu meinem Besuch bei einem, der viel weiß...
Treffpunkt war sein Büro im ersten Stock des Unigebäudes: Der Zugang erfolgt über eine Glastür mit allerlei Warnungen:
Im ersten Stock angekommen, holt mich Prof. Mayer an der Zugangstür ab und führt mich mit einem herzlichen Willkommen auf den Lippen in sein Büro.
Das Büro ist eindeutig das eines Dampfers: auf dem Schreibtisch stehen einige tolle Kombinationen und in der Hand hält er eine iStick mit einem Tankverdampfer drauf.
Darauf angesprochen erzählt er:
„Ich hab' im Haus auf jeder Etage einen stehen und im Auto musst mich einmal sehen – da fahre ich so:“, und zeigt dabei, wie er sein Dampfgerät beim Autofahren hält.
„Ich nuckel ja immer daran herum..“
Für ihn war es ein Segen, als er 2005 das erste Mal mit dem Thema konfrontiert wurde. Damals noch mit einer E-Zigarette von Ruyan, die ihn schon begeistert hat.
Aber der Aufwand um an Liquids zu kommen, Ersatz zu besorgen und so weiter, war dann doch zu viel: es gab ja noch keine richtige Versorgung im Land.
Aber schon damals war ihm klar, dass das die Zukunft auch zur Raucherentwöhnung ist: für ihn als Kettenraucher ein Lichtblick.
Aus dieser Zeit stammt auch das erste mir bekannte Gutachten von ihm – das „Ruyan-Gutachten“. Abrufen könnt ihr es unter diesem Link: Ruyan-Gutachten
Einige Jahre später schaffte Dr. Mayer dann den endgültigen Umstieg von den herkömmlichen Zigaretten zum Dampfen und seitdem ist er der Sache auch treu geblieben.
Er hat richtig erkannt, dass diese Art der Raucherentwöhnung das Potential hat, viele Millionen Menschen jedes Jahr vor den tödlichen Folgen des Zigarettenrauchens zu bewahren.
Womit er allerdings nicht gerechnet hat, war und ist der massive und eigentlich vernünftig nicht erklärbare Widerstand seitens der Gesetzgeber und das extreme Bashing der Boulevardmedien.
An dieser Stelle zitiere ich die Fußzeile seines offenen Briefes an Dr. Pietsch vom Bundesministerium für Gesundheit, in dem Prof. Mayer wieder einmal versucht, den „Gläubigen“ ein wenig Wissen zu vermitteln:
„Wann immer Wissenschaft missbraucht, vereinnahmt und verzerrt wird, um politischen oder ideologischen Glaubenssystemen zu dienen, werden ethische Standards mit Füßen getreten.“
Und weil wir gerade beim Thema Gesundheit sind, schieße ich die „Pflichtfragen“ ab – die Antworten sind sehr umfangreich ausgefallen und hier halte ich mich an die Ermahnung Prof. Mayers: „...einfach ja, aber ohne zu verfälschen...“, weshalb ich auch einige Links reinstelle zu den ausführlichen Erklärungen.
„Ist PG (Propylenglycol) gesundheitlich gefährlich?“
„Nein, gefährlich ist es nicht. Aber völlig gesund ist es natürlich auch nicht – so, wie das Dampfen an sich nicht als völlig gesund gelten kann. Aber – und das ist wichtig und entscheidend: im Verhältnis zum Tabakrauchen um ein Vielfaches gesünder!“
Es folgt eine lange Erklärung, warum Propylenglycol tatsächlich nicht gesundheitsgefährdend ist und wo es überall enthalten und von uns täglich verwendet wird.
Es ist erstaunlich, wie wenig wir eigentlich darüber wissen und wie sehr die – in diesem Fall berechtigt so benannte - „Gegenseite“ hier sogar zu Lügen (durch Weglassen wichtiger Informationen) und zu absichtlichen Fehlinformationen greift, nur um eine Schädlichkeit zu suggerieren, die nicht vorhanden ist.
Ähnlich beim VG (Glycerin):
„Und mit dem VG – wie verhält es sich damit? Es gibt Gerüchte von Reizungen, etc...?“, will ich wissen.
„Das ist noch ungefährlicher als PG und toxikologisch unbedenklich. Da wird viel mit Unwissenheit gearbeitet. Genauso wie beim Nikotin!“
Da bin ich jetzt neugierig: „Unwissenheit bei Nikotin? Ich dachte, das sei ein Suchtgift?“
„Also, das ist kompletter Blödsinn! Es gibt keinen einzigen Nachweis, dass Nikotin abhängig macht. Im Gegenteil: es gab da eine Studie, wo Nikotin über einen längeren Zeitraum hinweg an Menschen eingesetzt wurde und danach wurden keine Abhängigkeiten festgestellt.
Ich bin da lange Zeit leider auch den fehlerhaften Interpretationen aus den Lehrbüchern aufgesessen, die über die Jahrzehnte hinweg gelehrt wurden.
Erst durch meine wissenschaftlichen Arbeiten und neuen Erkenntnissen wissen wir heute, dass wir über Nikotin eigentlich nichts wissen: weder, ob es tatsächlich gesundheitsschädlich ist – wofür es aber keinerlei Hinweise gibt – noch, ob es nicht gar gesundheitsfördernd ist.
Und den Vorwurf muss ich machen, dass hier die 'Gegenseite' mit Nichtwissen und nur mit Glauben glänzt.“, wie Prof. Mayer leidenschaftlich auf meine Frage antwortet.
„Und wie verhält es sich mit den Aromen? Gibt es da etwas Bedenkliches?“, lautet logischerweise meine nächste Frage.
„Nicht mehr, als bei Lebensmittelaromen generell“, lautet seine kurze Antwort darauf.
Vereinfacht – ohne zu verfälschen heißt das dann ja wohl:
Propylenglycol, Glycerin und Aromen sind dann als unbedenklich einzuschätzen, wenn die Herstellung unter kontrollierten und hygienischen Bedingungen erfolgt und die Verwendung in einem Liquid dann unter normalen Bedingungen erfolgt – also nicht mutwillig „verkokelt“ wird. Was aber ohnehin niemand freiwillig tun würde – genauso wenig, wie man mit seinem Auto gegen die Wand fahren würde um zu beweisen, dass das gesundheitsschädlich sein kann.....
Ob Nikotin nun gesundheitsschädlich ist, oder sogar gesundheitsfördernd – das wissen wir schlicht noch nicht. Jedenfalls ist es kein Suchtgift und bevor man sich damit tödlich vergiften kann, würde man wohl alles rauskotzen, bei der unglaublichem Menge, die man zu sich nehmen müsste....
Und schon sind wir auch bei der Gegenseite, die mit Halbwissen oder völligem Unwissen agiert und anstatt zu wissen nur glaubt.
Zum Beispiel beim Jugendschutz, wo wir ähnliche Ansätze haben.
Prof. Mayer:
„Ich bin da der Meinung, dass zum Beispiel eine Herabsetzung des Alters zum Zugang zum Dampfen auf 14 Jahre denkbar ist.“
Nun, das geht mir noch nicht weit genug:
Wenn wir schon wissen, dass das Dampfen um ein Vielfaches unbedenklicher ist, als das Rauchen von Zigaretten und auch wissen, dass zum Beispiel die immer wieder hervorgekramte Belastung mit Feinstaub in Wahrheit nur ein Drittel dessen ausmacht, was wir an Belastung in der innerstädtischen Luft finden, dann – so meine Überzeugung – brauchen wir einen Jugendschutz gar nicht.
Und ich gehe da einen Schritt weiter, in dem ich sage, dass mein zehnjähriger Sohn ruhig einmal ein nikotinfreies Liquid probeweise andampfen dürfte.
Radikal? Ich denke eher, dass es konsequent ist: wenn wir davon überzeugt sind, dass Dampfen keine gesundheitlichen Schäden hervorruft, dann ist nur logisch, es niemanden verbieten zu wollen, sondern aufzuklären und gegebenenfalls auch in die Erziehung miteinfließen zu lassen.
In dieser nun schon sehr lebhaften und ungemein anregenden Diskussion fällt dann auch gleich der nächste – aus Sicht der Gegner wohl radikale - „Vorschlag“:
„Was halten Sie davon Herr Prof. Mayer: dampfen auf Krankenschein?“
„Nicht auf Krankenschein vielleicht, aber es wäre vernünftig auch denjenigen Rauchern den Zugang zum Dampfen zu ermöglichen und zu erleichtern, die sich den Einstieg finanziell vielleicht nicht leisten können. Am Start muss man ja ungefähr mit einhundert Euro rechnen, bis man alles beisammen hat. Da wäre eine Unterstützung auf jeden Fall angebracht. Es ist nun einmal die tatsächlich funktionierende Möglichkeit, sich das Rauchen abzugewöhnen.“, sagt Pof. Mayer, geht zu seinem Kühlschrank und holt eine Kartonschachtel heraus.
Schon beim Öffnen der Schachtel wird mir klar:
Das ist etwas ganz besonders Leckeres! Der Duft, der sich im Raum ausbreitet, ist unglaublich wohlriechend.
„Das sind ein paar Aromen und Liquids, die ich verwende und auch schon getestet habe.. - ich bin da ja nicht so der Mischer“, grinst Dr. Mayer spitzbübisch und hält mir ein Flakon hin zum Riechen.
Es ist ein Aroma mit dem Duft frischer Orangen, das so intensiv frisch riecht, wie ich es bisher noch nicht gekannt habe.
„Das ist aus Frankreich“ erklärt er und weiter: „Ich teste diese Dinge alle und erstelle Gutachten dazu. Ich weiß daher ganz genau, was wirklich Sache ist. Die Unwahrheiten und Falschinformationen, die immer wieder verbreitet werden, sind ein Graus.“
Wir plaudern noch eine Weile über die Zukunft und dass die Händler und Hersteller nun endlich an einem Strang ziehen sollten, schneiden das Thema TPD 2 kurz an, finden, dass auch hier noch viele Unklarheiten bestehen und das vieles ganz einfach überreguliert wird (Allerdings muss jetzt etwas gegen das Inkrafttreten dieser „Missgeburt“, wie Dr. Mayer die TPD 2 trefflich nennt, getan werden...) und das wir in dieser ganzen Angelegenheit noch in den Babyschuhen stecken.
Dann nähert sich das Interview auch schon dem Ende: drei Stunden sind vergangen wie im Fluge.
Drei Stunden, in denen ich viel gelernt habe und nun weiß, dass ich nichts weiß.
Prof. Mayer in einem der Labore |
Den Abschluss bildet eine exklusive Führung durch die Labore, wo wir Fotos machen und ich dann vor einer Apparatur stehe, wo echte Herzen „eingespannt“ werden (bitte um Nachsicht für diesen nichtwissenschaftlichen Ausdruck).
Mein Eindruck, was nehme ich mit:
Mit Prof. Dr. Bernd Mayer hat die „Gilde“ der Dampfer einen, der sich auskennt, der weiß, wovon er spricht und der sich dafür einsetzt, dass das Dampfen nicht zu Tode reguliert wird.
Mein Rat an alle Händler und Hersteller:
Nehmt das Angebot dieses klugen Menschen an und setzt Euch mit ihm an einen Tisch um die bevorstehenden Herausforderungen gemeinsam zu lösen.
In diesem Sinne:
Wir lesen uns nächste Woche wieder, wenn es dann heißt: die TPD 2 - Todesstoß oder Chance?
Vape on!
Autor: Felix
Bilder: Felix
Links:
Österreichischer Dampfertalk mit Prof. Dr. Bernd Mayer - ein Video mit ausführlichen Erklärungen
Gutachten Dr. Mayer zu "Elektrischen Zigarette zur Raucherentwöhnung" ('Ruyan Gutachten')
Brief an Dr.Pietsch - Bundesministerium für Gesundheit vom 01.07.2015
Stellungsnahme zur Änderung des Tabakgesetzes
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