… regierungstreue Rechtskosmetik?
Keine Sorge, dieser Artikel wird nicht in die Untiefen der Bundesverfassung abtauchen und Verwirrung stiften – er soll vielmehr zum Nachdenken anregen und vielleicht ein wenig aufhellen, wo der Schatten der Regierungsarbeit hinfällt ….
Der Verfassungsgerichtshof in seiner aktuellen Besetzung - Bild © Achim Bieniek 2013 |
Es war einmal … so fangen die meisten Märchen und Sagen an. Ein wenig Heldentum, ein fieser übermächtiger Gegner, mystische Begebenheiten und ein Happy End – fertig ist der Gassenhauer.
In unserem Fall wäre das dann wohl: es war einmal ein Individualantrag....
Für uns Dampfer sind die Rollen da wohl auch schon vergeben, also wer die Gegner sind, wo die tragischen Helden zu finden sind und auch, wo es ein wenig mystisch, oder doch zumindest undurchsichtig von statten geht. Und das Happy End? Na ja, das kommt ja erst am Ende – und da sind wir noch lange nicht.
Der vom VFFED angestrengte Individualantrag vor dem Verfassungsgerichtshof gegen das unsägliche Versandhandelsverbot im Tabak- und Nichtraucherschutzgesetz (kurz TNRSG) hat bei vielen Dampfern und Dampferinnen Hoffnung geweckt.
Zu recht, wie man meinen möchte – handelt es sich doch um augenscheinlich völlig willkürliche Bestimmungen, die nur dem Zweck dienen, die Steuermittel aus der Tabaksteuer am Fließen zu halten.
Da wird von Tabakprodukten gesprochen, wo nicht ein einziges Blättchen Tabak auch nur im entferntesten anstreift, oder von Gefahren, die schon längst hundertfach wissenschaftlich als völliger Unsinn widerlegt sind.
Die angeblich zum Schutz der Jugend („... die Kinder – mein Gott: DIE KINDER!“) beschlossenen Gesetzesstellen, verkommen im Lichte der objektiven Betrachtung zu einer Farce sondergleichen (Gatewayeffekt) und auch das immer wieder hervorgekramte Argument der Schädlichkeit von Nikotin und PG und die Vorsorgepflicht gegen alle möglichen und unmöglichen „könnte-vielleicht-möglicherweise-nicht auszuschließen“ Gefahren hat sich anhand der mittlerweile weltweit zu hunderten vorliegenden wissenschaftlichen Arbeiten tot gelaufen.
„A gmahte Wies'n“, wie der gelernte „Homo Austriacus“ zu sagen pflegt – mochte man meinen.
Und dann passiert etwas, mit dem niemand gerechnet hat.
Am 24. Mai 2016 wurde der Individualantrag beim VfGH eingebracht. Zu einem Zeitpunkt, als die Beschwerde wegen der Bundespräsidentenwahl 2016 ebenfalls bei Gericht anhängig war.
Rund ein Monat nach Eingabe des Individualantrags des VFFED entschied der Verfassungsgerichtshof, dass die Wahl des Bundespräsidenten aufgehoben werden muss.
Da war dann für einige Monate – sogar heute noch – Feuer am Dach in der Freyung 8 – dem Sitz des VfGH.
Die Regierung war sichtlich not amused und ganz Österreich hatte auf einmal den Verfassungsgerichtshof und seine Arbeit im Kopf und täglich in den Medien vor Augen.
Die Regierung war sogar so wenig begeistert über diese Entscheidung, dass es ganz offene Kritik einzelner hochrangiger und sehr einflussreicher Politgranden an der Entscheidung des VfGH gab – die waren dann so massiv, dass der VfGH sich bemüßigt fühlte, eine Aussendung nach der anderen zu dem Thema zu tätigen.
Plötzlich fand sich der VfGH nicht nur im Fokus der Medien, sondern auch ganz unverhohlen im Interesse der Regierungsarbeit wieder.
Mag. iur. Kamen Sirakov - DER Spezialist vor dem VfGH für den VFFED |
Was das alles mit dem zurückgewiesenen Individualantrag des VFFED zu tun hat?
Alles und nichts, wobei das Alles überwiegt:
In der Sache hat das Eine nichts mit dem Anderen zu tun. In der Entscheidungsfindung aber wohl alles.
Zu dieser Einschätzung der Entscheidungsgründe kommt man unweigerlich, wenn man sich den Verlauf der Entscheidungen ansieht, die nach der Aufhebung der BP-Wahl getroffen wurden.
Die Entscheidung, die Wahl aufzuheben, hat das politische Österreich in den Grundfesten erschüttert. Der VfGH hat das gemacht, was sich JuristInnen immer schon gewünscht haben:
Er hat als Bollwerk gedient, als Bewahrer von Grundrechten (wobei: in der Verfassung sind Grundrechte per Se nicht einmal definiert....) und als wahrlich unabhängig. Zu lange schon stand der VfGH in der unausgesprochenen Kritik, dass er zu einem großen Teil der Regierung gefällige Erkenntnisse ausfertigt.
Und für einen – zugegeben sehr kurzen – Augenblick war es so, dass wir den Eindruck hatten, dass der VfGH sich als Kritiker und Prüfer der Regierung sieht und die Regierung dazu zwingt, sich sehr genau zu überlegen, was sie erlässt und als Gesetz festsetzt.
Allerdings sieht die Realität so aus, dass der VfGH sein Pulver mit der Aufhebung der Wahl als verschossen ansieht und danach bis heute danach trachtet, der Regierung nicht mehr ans Bein zu pinkeln, geschweige denn, deren Arbeit in Frage zu stellen.
Sämtliche Entscheidungen, die nach der Aufhebung der BP-Wahl getroffen wurden und relevant für das Standing der Regierung waren, sind – wollen wir sagen: zu Gunsten der Regierung ausgefallen.
Da die Mitglieder des VfGH ihre Entscheidungsbeweggründe nicht öffentlich transparent machen müssen und der VfGH ohnehin als sakrosankt gesehen wird, müssen wir hier mit Interpretationen anhand von Indizien arbeiten, anstatt mit Fakten, die durch Wortäußerungen einzelner Mitglieder des VfGH unterlegt sind.
Das bitte ich bei den nächsten Zeilen zu beachten.
Der VfGH hat zu keinem einzigen Sachverhalt, der seitens des VFFED über Schädlichkeit und Unschädlichkeit des Dampfens aufgeführt wurde und auf keinen einzigen Vorhalt über Unsinnigkeit oder Widersprüchlichkeit des Gesetzes (TNRSG) grundsätzlich Stellung bezogen, sondern die – zum Teil vorgegebenen – Formulierungen des Gesetzgebers nahezu wortgleich argumentativ übernommen.
Teilweise liest sich der Text der Erkenntnis wie die Arbeit eines Studenten, der mit copy&paste an die Arbeit gegangen ist – keine Spur von überlegener juristischer Auseinandersetzung mit dem Thema, kein Anzeichen von objektiver Gerichtsbarkeit in einzelnen Phasen.
Im Gegenteil: es scheint ganz so, als wäre der VfGH bemüht gewesen, das Gesetz samt vorhandener Unsicherheiten (zB Jugendschutz, etc...) zum Gefallen der Regierung in Beton zu gießen und der Regierung die nächste Schlappe zu ersparen.
Denn, was wäre die Konsequenz gewesen, wenn der VfGH entscheiden hätte: zurück an der Start und besser machen?
Eine grundsätzliche und unumkehrbare Niederlage für die Regierung, die mit empfindlichen Strafen wegen Vertragsverletzungen (EU-Vertrag) bedroht gewesen wäre – verbunden mit dem Eingeständnis, dass die Regierung in diesem speziellen Fall nicht im Interesse des Bürgers entschieden hat, sondern im ureigenen Interesse der Machterhaltung und des Steuerflusses.
Prof. Dr. Bernd Mayer hat das in einem Interview für den ORF exakt auf den Punkt gebracht: es geht ums Geld und damit zwangsläufig auch um Steuerpolitik.
Prof. Dr. Bernd Mayer im Interview mit dem ORF |
Der Staat verfolgt dabei ein Grundprinzip der Verfassung: das Legalitätsprinzip, wonach der Staat nur das tun darf, wozu er durch Gesetze ausdrücklich ermächtigt ist und der Bürger hingegen alles tun darf, was nicht ausdrücklich verboten ist.
Und so ein „Ermächtigungsgesetz“ haben wir nun an der Backe.
Es geht und ging hier nie darum, dass dampfen tatsächlich um Größenordnungen weniger schädlich ist, als das herkömmliche Rauchen und es geht und ging auch nie darum, dass wir Bürger frei in der Entscheidung sind, was wir uns zum Genuß führen. Es ging die ganze Zeit nur darum, dass der Finanzhaushalt in der Waage bleibt – und sonst nichts.
Aber hey! So ist das eben, wir haben diese Regierung gewählt – wir wollen das so. Wir wollen nicht selbst entscheiden und auch nicht für unsere Rechte aufstehen. Solange der Teller voll ist …..
Und es stimmt: wir leben in einem fantastischen und sehr reichen Land. Weil wir eine Gesetzesdiktatur haben, die uns alles vorschreibt und reguliert und eine Exekutive, die dafür sorgt, dass wir alle auch in der Spur bleiben.
Ich würde nicht so weit gehen, um von einem Polizeistaat zu sprechen, aber wir sind schon sehr gut „abgesichert“.
In Zukunft wird es eben mehr und mehr abgefangene Sendungen aus China und den USA geben – aber auch aus allen anderen Staaten, wie uns der Zoll ja vor kurzen erst bestätigt hat.
Die Anzeigen der Shops untereinander werden zunehmen, die Dampfer darunter leiden und am Ende gibt es einen Finanzminister, der zufrieden ist, hunderttausende DampferInnen, die unzufrieden sind und ein wenig maulen (mehr aber nicht – da hat der Gesetzgeber nichts zu fürchten) und dann fristet das Dampfen ein Schattenleben, das für niemanden in de Regierung mehr bedrohlich ist.
So stellt sich Klein-Franzi aus dem Gesundheitsministerium das Leben vor …. ABER:
Österreich ist entgegen der Annahme vieler weder der Nabel der Welt, noch der Mittelpunkt, um den sich alles dreht.
Vielmehr wird uns die Welt zwingen, das Dampfen zu etablieren – überall auf der Erdkugel formiert sich professioneller Widerstand gegen die maßlose Überregulierung und die Zahl der Befürworter wird ständig mehr.
Die Entscheidung des VfGH zu dem unseligen Tabakgesetz, wo das Dampfen gleich Rauchen ist, wird dann nur mehr Makulatur sein – eine Fußnote in der Geschichte der Regierungsfreundlichen Entscheidungen – mehr nicht.
In diesem Sinne:
Vape on!
Text: Felix Huber
Bild: © Felix Huber